Ein Morgen in Montescaglioso – Pierino, das Feld und der wahre Geschmack des Südens

Ein Morgen in Montescaglioso – Pierino, das Feld und der wahre Geschmack des Südens

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser von montescaglioso.online.
Ich möchte euch heute ein kleines Stück Alltag aus Montescaglioso erzählen – genauer gesagt, von meiner Tante Lina und meinem Onkel Pierino.

Fast jeden Morgen – oder sagen wir: an den meisten Tagen – steht Pierino früh auf. Noch bevor die Sonne über die Dächer von "Monte" klettert, ist er schon auf dem Weg „al campo, in campagna“, zum Feld. Ein paar Kilometer außerhalb des Ortes liegen seine Parzellen, überschaubar, aber liebevoll gepflegt. Obst, Oliven, Gemüse – genug für die Familie und ein paar Freunde. Kein großes Geschäft, eher ein stilles Ritual, aber auch harte Arbeit und körperliche hohe Belastung.


Wenn der Tag noch nach Erde riecht

Wenn Pierino losfährt, ist es oft noch stockdunkel. Nur der Motor seiner "Ape" tuckert leise durch die Gassen.
Er beeilt sich, denn sobald die Sonne herauskommt, wird es schnell zu heiß zum Arbeiten. Das Feld verzeiht keine Trödelei.

Manchmal begleitet ihn meine Tante Lina. Meist bleibt sie aber daheim, deckt schon mal den Tisch, schnippelt Tomaten oder bereitet frische Pasta vor. Wenn Pierino zurückkommt – verschwitzt, mit erdverkrusteten Händen und einem zufriedenen Lächeln – wartet ein dampfender Teller auf ihn. Und er isst, als hätte er tagelang nichts gehabt.


Gemüse, das nicht schön sein muss

Ich bin jedes Mal gespannt, was er mitbringt.
Paprika, Salat, Auberginen, Tomaten, Orangen, Mandarinen – alles dabei. Manche Stücke sind krumm, andere fleckig, manche sehen aus, als hätten sie ein hartes Leben gehabt. Aber der Geschmack … ehrlich gesagt: ein Traum.

Diese Paprika haben Biss. Die Tomaten duften, als hätten sie Sonne getrunken. Und der Salat? Knackig, frisch, leicht bitter – so, wie er sein soll. Kein Vergleich zu dem Einheitsgrün aus dem Supermarkt.




Tante Lina kann sich freuen.
 Eine erfolgreiche Ernte: Paprika, Basilikum, Salat.





Cime di Rape – bitter, ehrlich, köstlich

Ein besonderes Kapitel verdienen die Cime di Rape – jene kleinen, bitteren Stängel mit Blütenknospen, die in Süditalien fast heilig sind.
Pierino liebt sie. Ich mittlerweile auch. Am Anfang habe ich diese Cime die Rape einfach nicht verstanden. Jetzt entdecke ich die Geschichte der Basilikata in den Gerichten wieder. Sie wachsen unscheinbar am Rand des Feldes, bevorzugen die etwas kühleren Monate und sind ein echtes Basilicata-Klassiker-Gemüse.

Wenn Lina sie zubereitet, duftet die ganze Küche. Ein Schuss Olivenöl, etwas Knoblauch, eine winzige Chilischote – mehr braucht es nicht. Dazu frische Pasta, meist Orecchiette, die typischen „Öhrchen“ aus der Nachbarregion Apulien.
Das Zusammenspiel ist einfach, aber perfekt: bitter, cremig, leicht scharf – ein Gericht, das nach Erde, Sonne und Handarbeit schmeckt.

Viele sagen, die besten Cime di Rape kommen aus Bari oder Lecce. Aber wer einmal die Version aus Montescaglioso probiert hat, weiß: Die Grenze zwischen Basilicata und Apulien ist nur auf der Karte klar zu erkennen – geschmacklich fließt sie ineinander.


Frische Pasta und das tägliche Brot des Südens

Frische Pasta ist in Linas Küche kein „besonderer Anlass“, sondern Alltag.
Mehl, Wasser, ein bisschen Salz – das war’s. Kein Ei, kein Firlefanz. Der Teig wird mit ruhiger Hand geknetet, dann in Stücke gezupft und zwischen Daumen und Messer gerollt.
Es ist fast meditativ, zuzusehen.

Und wenn die Nudeln dann in leicht gesalzenem Wasser tanzen, läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Besonders dann, wenn Pierino gerade frisches Olivenöl mitgebracht hat. Ein paar Tropfen davon über die Pasta, etwas geriebener Käse – fertig.

Diese Einfachheit ist typisch für die Region Basilicata. Hier wird nicht viel herumdekoriert. Es geht um den reinen Geschmack, um das, was da ist – und nicht um das, was fehlt.


Jeder Supermarkt in Montescaglioso bietet auch eine große Auswahl
an frischer Pasta zu sehr günstigen Preisen.



Basilicata und Apulien – zwei Nachbarn, ein Geschmack

Montescaglioso liegt geografisch gesehen genau da, wo Basilicata und Apulien sich die Hand reichen.
Man spürt das: im Dialekt, im Essen, in der Mentalität.
Von Apulien kommt der Weizen, von der Basilicata die Ausdauer. Beide Regionen teilen dieselbe Leidenschaft für ehrliches Essen – aus der Erde, für den Tisch, ohne Umwege.

Wer hier isst, isst regional, ohne es bewusst zu tun. Das Wort „nachhaltig“ braucht niemand. Es ist einfach selbstverständlich.


Olivenernte: der Duft von Arbeit und Stolz

Jetzt, Ende Oktober, Anfang November, beginnt die Zeit der Olivenernte.
Pierino sammelt die Früchte, sorgfältig, in Kisten, die bald weitergegeben werden an die kleinen Pressereien in der Umgebung. Dort wird kalt gepresst – ohne Tricks, ohne Zusätze. Das Öl, das dabei herauskommt, ist goldgrün, kräftig, leicht pfeffrig.
Ein Tropfen davon auf einer Scheibe Brot – mehr braucht man eigentlich nicht, um zu verstehen, warum hier jeder stolz auf seine Oliven ist.


Ein Leben zwischen Sonne und Erde

Manchmal frage ich mich, wie lange Pierino das noch so macht.
Es ist harte Arbeit, keine Frage. Aber wenn ich ihn sehe, frühmorgens mit seiner Mütze, den Händen tief in der Erde, dann denke ich: Das ist kein Muss. Das ist Liebe.
Liebe zur Natur, zur Routine, zum einfachen Leben.

Und irgendwie spürt man das auch in jedem Bissen.


Pierino und Lina aus Via Magenta/ Montescaglioso.



FAQ: Fragen rund um das Leben „al campo“ in Montescaglioso

Wie groß ist Pierinos Feld eigentlich?
Nicht riesig – vielleicht zwei, drei Hektar. Genug, um Familie und Freunde zu versorgen, aber klein genug, um alles selbst in der Hand zu behalten.

Welche Produkte baut er an?
Je nach Saison: Tomaten, Zucchini, Auberginen, Paprika, Salat, Oliven, Orangen, Mandarinen – und natürlich Cime di Rape, besonders im Herbst und Winter.

Wie funktioniert die Olivenölproduktion in der Region?
Die meisten Bauern sammeln ihre Oliven selbst und bringen sie in spezialisierte Mühlen. Dort werden sie kalt gepresst, um das Aroma und die Nährstoffe zu erhalten. Das frische Öl ist besonders intensiv – und hält sich bei richtiger Lagerung fast ein Jahr.

Wie unterscheidet sich die Küche von Basilicata und Apulien?
Sie sind eng verwandt. Beide Regionen setzen auf einfache Zutaten: Getreide, Gemüse, Hülsenfrüchte, Olivenöl. In Apulien wird etwas mehr Weizen verwendet, in der Basilicata etwas mehr Oliven und Wildgemüse. Geschmacklich ergänzen sie sich wunderbar.

Was macht das Klima in Montescaglioso so besonders für den Anbau?
Die Gegend profitiert von viel Sonne, milden Wintern und einem leichten Wind vom Ionischen Meer. Die Böden sind kalkhaltig und nährstoffreich – ideal für Oliven, Cime di Rape und Gemüse mit Charakter.


Fazit:
Montescaglioso lebt nicht nur von seiner Geschichte und seinen Klöstern. Es lebt auch von Menschen wie Pierino und Lina, die jeden Tag ein kleines Stück Land pflegen, als wäre es ein Schatz – nicht aus Gold, sondern aus Erde, Sonne und Zeit. Und manchmal schmeckt man das sogar auf dem Teller: in einer Portion Pasta mit Cime di Rape und einem Schuss Olivenöl aus der eigenen Ernte.


Labels:
Montescaglioso, Basilicata, Apulien, Cime di Rape, Frische Pasta, Olivenöl, Gemüseanbau, Italien, Familie, Landleben, Regionalität, Tradition, Küche des Südens

Meta-Beschreibung:
Ein authentischer Einblick in das bäuerliche Leben rund um Montescaglioso: Onkel Pierino, seine Felder, Olivenernte, Cime di Rape, frische Pasta und die kulinarische Verbindung zwischen Basilicata und Apulien – ehrlich, bodenständig, echt südlich.


Leckere Spaghetti. Tomatensauce aus den eigenen Feldern.
Im Hintergrund: eingelegte Zwiebeln, Oliven, Früchte und scharfe Chilis: alles aus eigener Herstellung.


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Francesco und das Jahr 1961 oder mein Vater, der Hunger und die Hoffnung.

Die 50 Lire des kleinen Francesco

Die besten Panzerotti fritti